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Die französische Arbeitslosigkeit fällt nicht mehr

Die Regierung bleibt bei ihrer optimistischen Vorausschau

Ein drei Jahre anhaltender Trend kommt zum Stillstand. Nach den Zahlen des dritten Quartals 2023 war erstmalig wieder ein leichter Anstieg der Arbeitslosen zu verzeichnen. So stiegen zunächst die Zahlen der zur Kategorie A gehörenden Personen, also solcher, die überhaupt keiner Beschäftigung in den letzten drei Monaten nachgingen, um 0,6% auf insgesamt 3,028 Millionen. Gleichzeitig erhöhte sich auch die Gesamtzahl aller als arbeitslos deklarierten Personen auf 5,352 Millionen.

Der vom französischen Statistikamt „INSEE“ offiziell gemessene Arbeitslosenprozentsatz liegt damit bei ca. 7,3% der aktiven Bevölkerung, gegenüber noch 7,1% zu Anfang 2023. Dies entspricht auch in etwa den Berechnungen der Banque de France, die für Ende dieses Jahres 7,2% ankündigte und jeweils für 2024 und 2025 sogar noch einen weiteren Anstieg auf 7,5% bzw. 7,8% für möglich hält.

Diese Zahlen könnten das Ende einer sehr erfolgreichen Bekämpfungsperiode der seit vielen Jahren am französischen Arbeitsmarkt bestehenden Geißel einleiten. Seit 1983 fiel nämlich die Prozentzahl der Arbeitslosen niemals unter 7%, und während der letzten 36 Jahre lag sie in Frankreich 25 Jahre lang bei 8%, sieben Jahre bei 9%, und vier Jahre lang (2015, unter Präsident Hollande) bestand sogar ein Höchststand von 10%.

Das von Staatspräsident Emmanuel Macron anvisierte Ziel, zum Ende seiner Amtszeit (2027) einen Vollbeschäftigungsgrad, für den nach der internationalen Berechnungsweise ein Satz zwischen 4,5 und 5% angenommen wird, zu erreichen, gerät damit unter großen Druck. Aber vielleicht hilft der bereits im Juni 2023 vorgelegte Gesetzesentwurf („plein emploi“), der zwischenzeitlich die Gesetzgebungsinstanzen durchlaufen hat und einen umfangreichen Maßnahmenkatalog vorsieht. Dazu kommt, dass es paradoxerweise nicht wesentlich leichter geworden ist, geeignete Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Im Oktober 2023 erklärten gemäß einer Analyse der Banque de France immer noch 48% der befragten Unternehmen, Schwierigkeiten bei ihrer Personalfindung zu haben.

Frankreich konnte, wenn auch nur mit einem schwachen Anstieg von 0,1%, nach einem starken zweiten Quartal sein bisheriges Wachstum fortsetzen, im Gegensatz zu einigen Ländern der Eurozone, die sich bereits in einer Rezession befinden. Offizielle Stellen gehen deshalb – aufbauend auf den erfreulichen Zahlen der Vormonate – weiterhin von einem Zuwachs von 1% für das Gesamtjahr 2023 aus.

Auch für das kommende Jahr bleibt die französische Regierung bei ihrer bisherigen optimistischen Planung einer Erhöhung des BIPs um 1,4%. Sie unterstellt dabei einen starken Anstieg der Konsumfreudigkeit der Franzosen, die in den letzten Monaten unter der sehr hohen Inflationsrate litten und deshalb Ersparnisse anhäuften. Die Banque de France ist etwas zurückhaltender in ihrer Vorausschau für 2024 und sieht unverändert ein Wachstumsplus von 0,9% vor.

Problematisch bleibt die von der EZB betriebene Hochzinspolitik. In den vergangenen Monaten erhöhte sie ihren Leitzins in zehn sukzessiven Etappen auf einen in der Vergangenheit nicht mehr gekannten Höchststand von 4%, um die in der EU grassierende Inflationswelle auf ein Normalmaß von 2% zu drücken.

Dies führte teilweise zu dramatischen Einbrüchen in einigen Wirtschaftszweigen; in der Bauwirtschaft kam es sogar zu völliger Erlahmung. Gleichzeitig gelang es aber auch der EZB, die Inflationsrate ganz erheblich zu senken. Ende Oktober 2023 lag sie in den Euroländern im Durchschnitt nur noch bei 2,9%. Frankreich befindet sich zwar mit einer Rate von 4,5% am oberen Rand, was sich jedoch durch den Vergleich zu einem wesentlich niedrigeren Inflationsstand im Vorjahr gegenüber den anderen europäischen Mitgliedsstaaten erklärt.

Die EZB beschloss in ihrer jüngsten Entscheidung vom 26. Oktober 2023, trotz des spektakulären Rückgangs der Inflationsrate, den bestehenden Leitzinssatz zwar nicht noch einmal zu erhöhen aber auch keine Senkung anzuordnen. Sie trägt dabei der Tatsache Rechnung, dass das anvisierte Endziel von 2% bisher noch nicht erreicht ist und weiterhin eine akute Gefahr von starken Preiserhöhungen auf den Energiesektor besteht. Mit einer Zinssenkung in nächster Zukunft dürfte deshalb nicht zu rechnen sein.

Der Fortbestand dieser Hochzinspolitik hat für die französische Volkswirtschaft folgenschwere Auswirkungen. Bei dem derzeitig bestehenden, gigantischen staatlichen Schuldenberg von ca. 110% des BIPs (in absoluten Zahlen ca. 3.000 Milliarden €) wird die entsprechende jährliche Zinsbelastung zum teuersten Einzelposten im Staatshaushalt. Für das laufende Geschäftsjahr 2023 ergibt sich bereits eine zusätzliche Belastung von 3,8 Mrd. € und der ursprünglich veranschlagte Haushaltsposten erhöht sich damit auf 54,7 Mrd. €. Zur Information: Die nach Hochrechnungen für 2027 ermittelten jährlichen Zinsaufwendungen sollen sich auf 70 Mrd. € belaufen. Nur Dank verschiedener Annullierungen bei anderen Budgetposten kann der obige Mehrmittelbedarf ausgeglichen werden und soll laut Regierungsäußerungen zu keiner Veränderung des geplanten Haushaltsdefizits 2023 von 4,9% führen.

Die Entwicklung der zukünftigen Wirtschaftslage Frankreichs ist stark vorbelastet und von verschiedenen Unwägbarkeiten geprägt. Dabei kommt der akuten komplizierten geopolitischen Lage, deren Auswirkungen im Augenblick nicht voraussehbar sind, ein besonderer Stellenwert zu. Eine realistische Einschätzung der Wachstumschancen erscheint derzeitig unter diesen Bedingungen äußerst schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, insbesondere da diese bereits ohne Berücksichtigung des komplexen Umfeldes grenzwertig sind. Die optimistischen Planzahlen der französischen Regierung, könnten daher bald zu korrigieren sein.

Aber bleiben wir positiv und warten wir ab. Wir werden über den weiteren Fortgang berichten.

Wir wünschen Ihnen eine angenehme und interessante Lektüre.

Ihre DiagnosticNews-Redaktion

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